Psychodontie® oder Die Sprache der Zähne
Was sagen die Form und ( Fehl )–Stellung der Zähne aus unter einer ganzheitlichen Betrachtungsweise?
Kieferformen variieren und mit ihnen die Zahnstellungen, aber auch diese können sich verändern.
Jeder Zahn hat eine Signatur durch seine Form, seine Stellung. Dadurch hat er eine Art Botschaft nach außen, die sich allerdings ändern kann. Er kippt durch Lockerung, er wird schwach durch Karies, so kann er seine „Botschaft“ wechseln.
Zunächst ein Überblick über die häufigsten Fehlstellungen, die in der Regel kieferorthopädisch – oft schon im Kindesalter – reguliert werden. Diese Veränderungen werden oft vererbt, sind aber meist erfolgreich behandelbar.
Der Schmalkiefer
Die wohl am meisten verbreitete Art von Kieferformen ist der Schmalkiefer. Hier sind die seitlichen eigenen Entfaltungsmachtkräfte reduziert, und es überwiegen die Kräfte der Außenwelt, die den Schmalgebissträger drücken oder sogar zu erdrücken drohen. Sie hindern ihn daran, sich in die Breite zu entwickeln und eine eigene Persönlichkeitsmacht zu entwickeln.
Der Schmalkiefer mit Spitzfront
Man spricht hier auch vom „ Perlenketten“-Vergleich: Wird eine Perlenkette seitlich gedrückt, weicht sie nach vorn aus und wird spitz (Spitzfront).
Mit der reduzierten X-Achsen- Entwicklung erscheint auch die Widerstandskraft reduziert. Statt standfest zu bleiben, wird die „Flucht nach vorn“ angetreten. Mit Oberkieferspitzfront bei Schmalkiefer hat man statt massiver Selbstbehauptung kompensatorisch lieber „eine spitze Zunge“, treibt einen Keil (nach vorn), wird also verbal aggressiv und bissig. Hier gilt jedoch die alte Weisheit: „Hunde, die bellen, beißen nicht!“
Der Kreuzbiss
Häufig finden wir eine seitliche Verschiebung des Unterkiefers, der Oberkiefer steht symmetrisch. Es ergibt sich ein einseitiger Kreuzbiss. Da der Unterkiefer für die „Tat“ steht, kommt es zu Überbetonungen (rechter Kreuzbiss) bzw. Unterlassungen des Tuns (linker Kreuzbiss).
Die Nonokklusion
Anders verhält es sich bei der Nonokklusion: Hier beißen die Zähne gar nicht aufeinander, sondern aneinander vorbei. Der Oberkiefer ist zu breit, der Unterkiefer zu schmal. Hier dominieren die Willens- und Vorstellungskräfte des Oberkiefers, und die Tatkräfte der Umsetzung in die Realität sind schwach. „Es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun!“, sagt Goethe zu Recht. Das könnte beim Träger der Nonokklusion ein Problem sein.
Der schmale Deckbiss
Hier sind die 2-er vorn und die 1-er gerade oder nach hinten/innen weisend. Oder es ist umgekehrt: Die Natur, das unbewusste „Es“ (1-er) weist nach innen, ist defensiv. Die Persönlichkeit kompensiert durch bewusstes Gegensteuern, indem sie sich nach vorne drängt und „spitz“, also aggressiv wird. Das kann „gefährlich“ wirken – und werden. Geht man über seine Natur hinaus, „lehnt sich zu weit aus dem Fenster“, könnte man auf den Mund fallen – und sich die Zähne abbrechen. Eine Front, einen Wall bilden diese Zähne als Einheit nicht: Die mittleren ziehen sich zu weit zurück, die seitlichen wagen sich zu weit vor. Ein riskanter, unausgeglichener und geschwächter Eindruck entsteht.
Der Eckzahnhoch- und –außenstand
Nun dürfte der Leser bereits selbst in der Lage sein, die entsprechende Signatur abzuleiten. Eckzähne sind Machtzähne. Die oberen erreichen nicht die unteren. Oben liegt das Wollen, unten das Tun. Das Macht–Haben-Wollen erreicht nicht die tatsächliche Umsetzung. „Papier-Tiger“ könnte man sagen, denn die mächtigen Eckzähne haben keinen Biss. Sie greifen ins Leere.
Die progene Verzahnung
Die unteren Zähne werden nicht von den oberen übergriffen, sondern die unteren stehen umgekehrt vor den oberen und übergreifen diese. Erinnert das nicht an den Eber und die Wildsau? Die Signatur dürfte unschwer klar werden: Die unteren Zähne als Zähne der Tat führen, der Körpereinsatz, das Tun dominiert: Macht kann brachial sein und die Vernunft ins Hintertreffen geraten.
Das Diastema
die Lücke zwischen den mittleren Schneidezähnen
Wer kennt nicht den Arnold mit der charakteristischen Zahnlücke, der als Terminator die Welt rettet und mit Aktionismus, Kraft, Brutalität und Vitalität den männlichen Diastematräger so herrlich herüberbringt? Dagegen steht die weibliche Form eher für Offenheit, Durchlässigkeit, Sanfheit.
Nun noch einmal die Zähne im Detail
1) Die mittleren Schneidezähne (11/21/31/41)
Dominante Zähne, symbolisieren die Zweiheit/Liebeskraft der Person und ihre Beziehung zu den Eltern
11: männlicher Archetyp, Vater, Autorität, Gott, Animus, Feuer, Sonne.
21: weiblicher Archetyp, Mutter, Frau, Anima, Mond, Wasser
31/41: Stellenwert der Eltern im sozialen/gesellschaftlichen Alltag des Kindes.
Verschiedene Erscheinungsbilder im Bereich der Schneidezähne:
Diastema: Lücke zwischen den Zähnen
a) „Glückszähne“ – da hier im Liebesbereich (Venus) mehr Raum und Platz geschaffen wird .
b) dieses Bild zeigt auch oft Schwierigkeiten, die männliche und die weibliche Seite gleichermaßen zu integrieren.
Abgeschlagene Schneidezähne: Häufig eine Demonstration, um auf die fehlende elterliche Zuwendung hinzuweisen, vielleicht sogar den Beziehungsbruch darzustellen.
Überlagerte Schneidezähne: Dominanz eines Elternteils über der anderen
Nach hinten wachsen: Schattenrolle der Eltern, Zurückstehen, Meinungslosigkeit.
2) Seitliche Schneidezähne (12/22/32/42)
Sie werden von den vorderen Schneidezähnen geformt und zeigen Aufschlüsse über das Temperament einer Person und wie sie auf weibliche und männliche Energien (Vater/Mutter) reagiert.
a) Vorstehen der seitlichen Schneidezähne: Frühe Flucht aus dem Elternhaus, Flucht vor Auseinandersetzung mit den Eltern
b) Überstehen: Dominanz der Kinder über die Eltern
c) nach hinten: Zeichen der Unterwürfigkeit, die sich der Autorität des Vaters oder der Mutter fügt
d) Karies im seitlichen Schneidezahnbereich: Oft Hinweis auf starke emotionale Belastung mit dem anderen Geschlecht (Enttäuschung, Frustration, etc.)
e) Deutliche Größenverminderung des Seitenzahns (Reiskornzahn): Aggressionsverhinderte Menschen (friedfertig, sofortige Unterwerfung)
3) Eckzähne (13/23/33/43)
Erscheinen im Alter von 13/14 Jahren: Entwicklung der emotionalen Ebene, erscheinen im Sexualalter – Konkurrenzverhalten, Behauptung – Macht, Aggression – männliche Kraft – Marskraft
13: Art und Weise, wie wir uns der Außenwelt zeigen wollen (Rückzug, Verweigerung, Dominanz)
23: innere Haltung, die wir Veränderung gegenüber einnehmen (inneres Einverständnis, innere Ablehnung)
43:Ausdruck all dessen, was wir nach draußen hin vollbringen wollen (Wachstumsenergie)
33: Art und Weise, wie wir innere Veränderungen zum Ausdruck bringen (Konfliktbereitschaft, Konfliktabwehr)
4) Vordere Backenzähne (14/24/34/44)
Stehen für das Ich und all unsere Sehnsüchte: „Ich will“- Jupiterkraft, Ich- Bewusstsein.
14: wie wir uns nach außen hin zeigen wollen
24: alle Sehnsüchte, die mit unserer Gefühlswelt und unseren Zuneigungen zusammenhängen
34: wie wir unsere Wünsche in unmittelbarer Umgebung zum Ausdruck bringen (Gefühlsmitteilung)
44: Verwirklichung unserer Pläne
5) Hintere Backenzähne (15/25/35/445)
„Ich will schlafen“ – Schöpferisches Ich, Kinder-Liebschaften, künstlerische Werte, Uranuskraft
15:Entwicklung in der Außenwelt (Kinder, Pläne, die wir verwirklichen wollen), bei Fehlgeburten, Abtreibungen ist dieser Zahn oft tot.
25: Anlagen, die tief in uns schlummern, ureigene Prägung, weshalb man in dieser Welt geboren ist.
35: wie die Energie der Mutter in unser Wesen integriert wird.
45: Konkrete Ausführung unserer Pläne (besonders im Beruf)
6) Vordere Mahlzähne (16/26/36/46)
Art und Weise des Ungehörigseins, Auflehnung gegen Einengung und Bevormundung, Anspruch auf den Stellenwert, den wir einnehmen wollen – Saturnzahn
16: Rang, den wir in der Außenwelt einnehmen wollen
26: Entspricht der Rolle, die wir einnehmen wollen, um unsere Empfindungen zum Ausdruck zu bringen
36 Wunsch, geliebt zu werden von seinen Eltern, Wunsch nach elterlicher Aufmerksamkeit
46: Repräsentiert die Arbeit, Tod von alten Strukturen, Neugeburt, Verlustangst
7) Hintere Mahlzähne (17/27/37/47)
Erscheinen etwa im 12. Lebensjahr, spiegelt die Beziehung mit der Umwelt wider, d.h. wie wir auf unsere Umwelt projizieren und welches Bild sie uns zurückwirft, wie unsere Mitmenschen auf uns reagieren
17:Hier drücken sich Ereignisse aus, welche mit den äußeren Umständen von Arbeit und dem Alltagsleben zu tun haben
27: Affektives Verhältnis zu unseren Mitmenschen – harmonisieren wir mit unserem Nächsten?
37: Konkretwerdung der gefühlsmäßigen Probleme in 27 (Enttäuschungen etc.)
47: Beziehungen und ihre Umstände
8) Weisheitszähne
Erscheinen normal nicht vor dem 21. Lebensjahr. Beginn der spirituellen Entwicklung, Beziehung des Individuums zur Gemeinschaft und dem Kosmos, mystische Ich-Möglichkeit der Verschmelzung – Plutokraft
18: entspricht der Kraft, die wir bei dem Versuch entwickeln, uns in die materielle und spirituelle Welt zu entwickeln
28: tiefliegende Ängste, von der materiellen und spirituellen Welt ausgeschlossen zu werden
38: Fähigkeit, der Umwelt eigene Gefühle mitzuteilen
48: Physische Energie, die freigesetzt wird, wenn wir unseren Platz in der Welt finden
Weisheitszähne werden heutzutage reihenweise gezogen, bzw. entstehen von Natur aus nicht mehr. Dies kann ein Hinweis sein, dass heutige Menschen wenig Sinn für die Einswerdung mit der Natur und dem Kosmos und damit eine mangelnde Spiritualität haben – außerdem einen mangelnden Gemeinschaftssinn und schwache soziale Energien ausgebildet haben („Individualistengesellschaft“).
Die psychodontische Kenntnis der geistig-seelischen Hintergründe bei Kiefer– und Zahnstellungsanomalien versetzt die ganzheitliche Zahnheilkunde in die Lage, weniger Therapieresistenzen zu haben und Rezidive zu vermeiden, weil eben nicht nur am „Zahnrad“ gedreht wird, sondern der ganze Mensch gesehen und mitbehandelt wird.
So verrät uns die Psychodontie® nicht nur die geheime (unterbewusst bekannte) Körpersprache der Zähne, mit der man nun die dentalen Signale lesen und verstehen kann, sondern ist auch die ganzheitliche Zahnheilkunde – zum besseren Verständnis.
So, es klingt hart, was hier für den Einzelnen steht, aber es erstaunlich, wie sich diese Beobachtungen immer wieder finden.
Natürlich stellt sich die Frage: und wenn diese Fehlstellung korrigiert ist, ändert sich dann auch mein Charakter, mein Verhalten ?
Nein, natürlich nicht, alles bleibt so unverändert, die mitgegebenen Anlagen sind nicht behandelbar. Doch erleben wir immer wieder, dass sich nach einer begradigenden kieferorthopädischen Behandlung auch das Selbstvertrauen steigert, man kann wieder Zähne zeigen, ganz nach dem Motto:
Die Zähne sind die weißen Stoßstangen des Lebens.
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